Frage des Monats vom August 2014
? Epilepsien sind sehr komplexe neurologische Erkrankungen mit unterschiedlichen Erscheinungsformen.

Wie viele Erscheinungsformen gibt es eigentlich?
Prof. Dr. Felix Rosenow Prof. Dr. Felix Rosenow
Leiter Epilepsiezentrum Marburg

Das hängt davon ab wie man die Epilepsie klassifiziert. Wenn es nach den einzelnen Ursachen geht, wohl hunderte. Aktuell wird folgende Definition und Klassifikation von der ILAE vorgeschlagen:

Definition und Klassifikation
Die zuständige Task Force der ILAE (International League Against Epilepsiy) hat nach Berücksichtigung von mehr als 300 Kommentaren von ILAE-Mitgliedern vorgeschlagen, Epilepsie zu definieren als "jeden der folgenden Umstände:

(1) Wenigstens 2 unprovozierte (oder Reflex-) Anfälle, die im Abstand von > 24 Stunden aufgetreten sind;
(2) ein unprovozierter (oder Reflex-) Anfall bei einer 10-Jahres-Rezidivwahrscheinlichkeit, die in etwa derjenigen entspricht, welche nach 2 unprovozierten Anfällen besteht (>= 60%);
(3) Diagnose eines Epilepsiesyndroms. Die Rückbildung einer Epilepsie wird bei Personen angenommen, welche entweder ein altersbezogenes Epilepsiesyndrom hatten, jetzt aber der relevanten Altersgruppe entwachsen sind, oder die für mehr als 10 Jahre anfallsfrei sind und seit mindestens 5 Jahren keine Antikonvulsiva mehr einnehmen. Es wurde also neben einer operationalisierten und gegenüber 2005 leicht überarbeiteten Epilepsiedefinition, in deren Zentrum eine Rezidivwahrscheinlichkeit von >60% steht, erstmals auch eine Definition für die Rückbildung ("resolution") einer Epilepsie vorgeschlagen. [1].

Klassifikation von Epilepsien und epileptischen Anfällen.
Ein von der ILAE im Jahre 2010 publizierter Vorschlag beabsichtigte die seit der letzten Klassifikation von 1989 erzielten Fortschritte abzubilden [2]. Insbesondere wurde mehr Gewicht auf die heute leichter klärbare Ätiologie zu legen. Die alten Klassen: a) symptomatisch, b) idiopathisch und c) kryptogen, wurden durch a) strukturell/metabolisch, b) genetisch und c) unbekannte Ätiologie ersetzt. Die Verwendung des Begriffs "Syndrom" wurde auf wenige klar beschriebene spezifische epileptische Syndrome eingeschränkt (Beispiel: Juvenile myoklonische Epilepsie), ansonsten sollte allenfalls von "Konstellationen" die Rede sein. Problematisch an diesem Vorschlag war vor allem die Aufgabe der klinisch nützlichen Kategorien der fokalen vs. generalisierten Epilepsien, die auch für klinische Therapieentscheidungen relevant sind. In der nun vorgelegten Revision werden die Konzepte der fokalen und der generalisieren Epilepsien wieder aufgenommen. Neben elektro-klinischen Syndromen werden nun auch klinisch-radiologische Entitäten vorgeschlagen. Als ätiologische Kategorien gelten nun: a) genetisch, b) strukturell, c) metabolisch, d) immunbedingt, e) infektiös und f) unbekannt [3, 4].

Quelle: F. Rosenow u.a. Neues auf dem Gebiet der Epilepsien, Nervenarzt 2014,
Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

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